Krise und Konsolidierung gehen häufig Hand in Hand. Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage ist eine Zunahme von Unternehmenskäufen und -Absorbtionen zu erwarten. Transnationale Integrationen sehen sich zusätzlichen Herausforderungen gegenüber – diese wollen wir heute mit einem Schlaglicht beleuchten.
Die Covid-19 Pandemie hat die Weltwirtschaft entschieden durchgeschüttelt. Es ist Konsens, dass wir aufgrund dieser Turbulenzen vor einer Zeit schrumpfender ökonomischer Aktivität stehen. Solche Zeiten waren in der Vergangenheit immer auch Zeiten der Konsolidierung – Unternehmen, die mit einer starken Ausgangslage in Krisen hineingehen können, nutzen diese Stärke nicht selten um ihre Wettbewerbsposition mit – jetzt besonders günstigen – Zukäufen zu stärken.
In der immer stärker integrierten Ökonomie des Euroraums sollten Unternehmen bei der Suche nach dem optimalen Target auch über die Landesgrenzen hinausblicken. Dies bringt jedoch nicht nur bei der Kaufabwicklung zusätzliche Herausforderungen mit sich, sondern auch bei der darauffolgenden Integration.
Ich verrate nichts Neues, wenn ich erzähle, dass das Management kultureller Unterschiede im Unternehmensalltag im Allgemeinen und bei Post-Merger Integrationen im Besonderen einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg des Projektes beisteuert. Zwecks Bebilderung erinnere ich hier besonders einen Fall vertikaler Integration in der Eisenbahnindustrie. Auf Wunsch des Käufers war zunächst keine Integration der neuen Tochter vorgenommen worden – diese Strategie änderte sich jedoch nach etwa einem Jahr.
Schon bei den ersten Workschops mit Führungskräften beider Unternehmen wurde sofort deutlich, wie unterschiedlich das Selbstverständnis beider Organisationen ausfiel. Das hängt nicht zwingend an der geographischen Herkunft der Parteien: beim Käufer handelte es sich im Wesentlichen um ein Finanzunternehmen. Die deutsche Tochter hingegen war ein eigentümergeführtes, über mehrere Generationen aufgebautes Traditionsunternehmen, da muss man kein Kulturexperte sein, um sich die Differenzen ausmalen zu können.
Dennoch spielte, neben der unterschiedlichen Historie, auch die unterschiedliche Art Geschäfte zu machen eine große Rolle bei der Erklärung der regelmäßig auftretenden Missverständnisse. Besonders prägnant war eine Situation am Ende eines Teambuilding-Events: die Manager hatten einen gemeinsamen Segeltag auf dem Meer verbracht, nach ihrer Rückkehr lud die Käuferin zum Abendessen ein. Während dieser Moment für die französischen Führungskräfte die Einladung zu einer ausgedehnten Disksussion war, zogen sich die Deutschen an einen gemeinsamen Tisch zurück, wechselten ins Deutsche und waren nach kurzer Zeit mental schon wieder auf dem Weg ins Hotel. Für die Einen war das Segeln nur der Auftakt, für die Anderen das wesentliche Event. Es sind kleine Momente wie diese, die die entscheidenden Irritationen auslösen können, die dann dien Fortschritt in Workshops und Arbeitsgruppen behindern.
Verallgemeinert führte hier das unterschiedliche Verständnis von und die unterschiedliche Erwartungshaltung zu einer ansonsten für alle gleichen Situation (dem Teambuilding-Tag inklusive Abendessen) dazu, dass wertvoller Austausch nicht zustande kam. Hierin liegt die besondere Herausforderung von transkultureller Post-Merger Integration: die gleiche Gesamtsituation wird unterschiedlich antizipiert, was sich entscheidend auf die Qualität des Ergebnisses auswirkt. Hinzu kommen unterschiedliche Erwartungen, verschiedene Kodizes und Normen; zusammen ergibt dies eine potenziell explosive Mischung.
Externe Kräfte können hier mit ihrer Erfahrung aber auch ihrer Neutralität eine vermittelnde, erklärende und damit erleichternde Rolle für den Fortgang der Zusammenarbeit spielen. Gerade Menschen, die Erfahrung in mehreren Kulturkreisen gemacht haben sind für diese Rolle besonders geeignet.